Manuel Vogel
· 27.01.2022
Wingsurfen im Winter wird immer beliebter. Worauf du dabei achten solltest und welche Tools deine Session sicherer machen, erfährst du hier.
Ob es am milderen Klima, besseren Neos oder auch am Gruppenzwang liegt, sei mal dahingestellt. Fest steht: Früher waren Wintersurfer Exoten, heute ist man auch bei Temperaturen von knapp über dem Gefrierpunkt an beliebten Spots nur selten allein.
Wo die persönliche Schmerzgrenze beim Wingsurfen im Winter liegt, muss jeder selbst herausfinden. Wir würden immer empfehlen, sich langsam an kalte Temperaturen heranzutasten und die persönliche Grenze langsam auszuloten.
Wie du dich auf deine nächste Wintersession bestmöglich vorbereitest und welche Ausrüstungsgegenstände dir helfen können, das Wingen im Winter nicht nur komfortabler sondern auch sicherer zu machen, erfährst du jetzt.
Würdest du in Jeans und Sneakern auf die Skipiste? Wohl eher nicht! Dann solltest du auch Wingsurfen im Winter als das begreifen, was es ist: Wintersport. Pack dich also warm ein, damit du nicht schon bei der Ankunft am Wasser komplett durchgefroren bist.
Skiunterwäsche, Snowboardhose oder komplette Overalls (z.B der Leknes Suit von Helly Hansen) sorgen beim Aufpumpen des Wings für erste Schweißperlen auf der Stirn – genau so soll es sein. Wer hingegen beim Umdrehen des Neos schon mit den Zähnen klappert, kann gleich wieder nach Hause. Wenn du dann noch eine Kanne heißen Tee im Gepäck hast, bist du bestens vorbereitet.
Viele Wassersportler klagen im Winter über kalte Hände. Das eigentliche Problem ist aber, dass der Körper bei Kälte die Extremitäten weniger durchblutet, um den Körperkern mit den lebenswichtigen Organen bestmöglich zu auf Temperatur zu halten.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer es schafft, den Körperkern muckelig warm zu halten, hat automatisch auch wärmere Hände und Füße. Das bei Klamotten bewährte Zwiebelprinzip empfiehlt sich deshalb auch zum Wingsurfen im Winter. Ein vollwertiger Winterneo mit sechs Millimetern Neoprenstärke und integrierter Haube ist essentiell. Diesen kann man dann bei Bedarf noch mit dünnen Neoprenunterziehern (z.B. von Ascan) upgraden. Ebenfalls ein guter Tipp sind Prallschutzwesten: Diese isolieren den Oberkörper zusätzlich, schränken die Bewegungsfreiheit kaum ein und bieten darüberhinaus noch einen zusätzlichen Schutz bei harten Crashs oder Kontakt mit dem Foil. Welche Westen es gibt und worauf man dabei achten sollte, liest du HIER.
Wer im Winter aufs Wasser möchte, sollte seinen Spot mit Bedacht wählen. Stell dir deshalb vorab die Frage: “Kann ich an diesem Spot innerhalb von 15 Minuten das Land aus eigener Kraft wieder erreichen, wenn mir etwas kaputt geht?” Bei Revieren mit ablandigem Wind, lässt sich das meist nur verneinen. Wer sich hier verletzt oder sein Material beschädigt, treibt unweigerlich weg vom Ufer und kann dann schnell in kritische Situationen gelangen.
Wähle deshalb zum Wingsurfen im Winter deinen Startpunkt so, dass der Wind schräg auflandig (”side onshore”) oder sogar voll auflandig (”onshore”) dort ankommt. Auf diese Weise treibt es dich im Notfall automatisch zurück ans Ufer. Außerdem gilt: Sprich dich mit Gleichgesinnten ab und wähle Spots, an denen du nicht alleine auf dem Wasser bist.
Im Winter können kleinere Pannen – die im Sommer kein Grund zur Sorge wären – für große Probleme sorgen. Verletzt man sich oder beschädigt das Material so, dass man surfend nicht mehr ans Ufer zurückkehren kann, tickt bei kalten Temperaturen schnell die Uhr. Wie lange man es aushalten kann, hängt neben der Temperatur maßgeblich von Kleidung, Konstitution und Fitnesszustand ab. “Früher oder später setzen jedoch bei Jedem die gleichen Prozesse ein”, weiß Wolfgang Klauss, surfender Notarzt, der als Ostseesurfer kalte Temperaturen aus eigener Erfahrung kennt: “Bei Kälte versucht der Körper, den Wärmeverlust zu minimieren, die Durchblutung der Extremitäten wird gedrosselt. Dadurch verschlechtert sich auch die Koordination massiv, selbst einfache Bewegungen werden dann schwierig. Um diesen Prozess zu verlangsamen, gilt im Notfall: Wenn möglich, sofort raus aus dem Wasser und aufs Brett setzen oder legen. Im Wasser liegend kühlt man um ein Vielfaches schneller aus, als an der Luft, unabhängig davon, ob die Luft kälter ist als das Wasser.
Sich vom Material zu trennen, ist hingegen ein absoluter No-go. Wenn möglich paddele Richtung Ufer (HIER gibt’s die Tipps zum Paddeln). Falls dies nicht geht, bleibe beim Board und mache mittels Notzeichen auf dich aufmerksam. Dieses ist weltweit gültig: Strecke die Arme seitlich aus und kreuze die Arme über dem Kopf.
Mittlerweile gibt es mehrere Tools, die im Notfall Gold wert sein können. Das einfachste ist sicherlich eine wasserfeste Hülle fürs Smartphone (z.B. von Aquapack), mit dem du ein (altes) Telefon auf dem Wasser mitführen kannst. Das Touchscreen lässt sich dabei auch durch die Hülle bedienen. Wenn du jetzt noch die Nummer des Notrufs und der Seenotretter eingespeichert hast, kannst du dir oder anderen Surfern Hilfe organisieren. In Deutschland z.B. sollte die Nummer +49-(0)421-536870 der Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) im Handy eines jeden Wassersportlers eingespeichert sein.
Besonders sinnvoll ist es, die Notfall-App “Safe TRX” auf dem Smartphone installiert zu haben. Hiermit lässt sich mit einem Klick ein Notruf absenden, der direkt in der Bremer Zentrale der DGzRS eintrifft und auch die GPS-Koordinaten des Absenders überträgt. Besonders beim Wingsurfen im Winter sparen die Retter auf diese Weise wertvolle Zeit – vorausgesetzt, man treibt nicht außerhalb der Netzabdeckung des Mobilfunkanbieters.