Manuel Vogel
· 02.06.2021
Kaum jemand, der ins Wingsurfen einsteigt, legt sich gleich eine komplette Palette an Wings in unterschiedlichen Größen zu. In den meisten Fällen ist es das Ziel, mit nur einem Wing erstmal einen möglichst großen Windbereich abzudecken. Welche Wing-Größe Sinn macht, hängt vor allem von Körpergewicht und Revier ab. Wir haben exemplarisch erfahrene Wingsurfer aus dem Binnenland und von der Küste nach ihren Wing-Abstufungen gefragt.
Die meisten Hersteller bieten Wings in Größen zwischen drei und sieben Quadratmetern an. Wer erstmals mit dem Gedanken spielt, sich Material zu kaufen, steht dann vor vielen Fragen: “Brauche ich einen großen 6qm Wing oder ist der Unterschied zu einem 5er gar nicht so groß? Welche Abstufung macht Sinn, wenn ich mir zwei Wing-Größen kaufen will – 6er und 5er? Oder doch lieber 6qm und einen kleinen 4er Wing für viel Wind? Und welche Marke sollte es am Ende sein?”
Was unsere Testerfahrung gezeigt hat: Die Unterschiede zwischen den einzelnen Marken sind durchaus markant. In der Rubrik “Produkte” stellen wir euch regelmäßig Tests verschiedener Wings vor, klickt mal rein!
Bezüglich der passenden Wing-Größe und der perfekten Abstufungen der Wings haben wir exemplarisch einige Wingsurfer aus dem ganzen Land zu ihren Erfahrungen befragt. Dabei haben wir bewusst Wingsurfer ausgewählt, die nicht als voll gesponsorte Pros mit einem prall gefüllten Sortiment unterschiedlicher Wings durch die Welt jetten, sondern erfahrene Hobby-Winger.
Michael Ferchert und Sebastian Potyka sind als angefressene Wingsurfer nördlich des Ruhrgebiets zu Hause haben schon Material von vielen Herstellern in ihren Händen gehabt. Michael: “Bei uns an den Binnenseen ist der Wing oft böig. Hauptsächliche winge ich am Auesee bei Wesel. Mit 90 Kilo würde ich persönlich für den Start immer ein Brett mit etwa 120 Liter und einen leistungsstarken 5er Wing wählen, wenn ich mich für eine Wing-Größe entscheiden müsste – damit decke ich einen Großteil der Windbedingungen hier ab. Wichtig ist mir persönlich beim Wing immer, dass er ein Fenster hat.”
“Eine sinnvolle Lösung mit zwei Größen sähe bei mir so aus: Ein 6er Wing für Leichtwind macht immer Sinn, den Unterschied zum 5er merkt man schon deutlich. Als kleine Ergänzung würde ich dann einen Wing wählen, der eine gute Kontrolle oben raus hat, in der Größe 5qm – ich persönlich nutze z.B. den Duotone Echo in 6 und 5qm. Wählt man eher kraftvoll abgestimmte Wings, z.B. von Ensis, würde ich eine Kombination mit 6 und 4,5qm wählen. Die leichteren Fahrer/-innen in unserem Verein RTG-Wesel landen bei einer Ein-Wing-Lösung oft bei einem 5er Wing, bei einer Lösung mit zwei Größen dann bei der Kombination 5 & 4qm.”
Auch für Sebastian Potyka, der seit knapp einem Jahr mit dem Wing unterwegs ist, ist der 5er DIE Allroundgröße für Einsteiger: “Auch mit meinen 90 Kilo wäre ein 5er Wing immer meine erste Wahl. Bei einer 2-Wing-Lösung wären es die Größen 5qm und 4qm. Ich beobachte bei Neueinsteigern oft, dass zu Beginn sehr große Boards gekauft werden. Das ist für die ersten Sessions natürlich hilfreich, allerdings wird das Brett dann schnell zu groß. Mein Tipp: Erst groß leihen, dann klein kaufen!”
Steffi Wahl lebt in fußläufiger Entfernung zum Ostseestrand Kalifornien und ist ebenfalls fasziniert vom Wingen. Als eine der besten Windsurferinnen Deutschlands hatte sie natürlich beste Voraussetzungen, Foilen war für sie allerdings noch Neuland, als sie im August 2020 erstmals mit dem Wingen begann.
“Am liebste winge ich an der unteren Windgrenze bei 10-15 Knoten. Ich finde es einfach sensationell, dass man mit dem Wing fliegen kann und keine Schaumkronen dabei sieht. Für meine Belange reicht eine Wing-Größe zwischen 4,4 und 5 qm völlig aus. Bei einer Zwei-Wing-Lösung wäre meine Abstufung 4,4 und 5,4 oder 4,0 und 5,0 – je nach Hersteller. Dazu nutze ich ein Wingsurfboard mit 70 Litern und einem 1500er Frontflügel von Vayu. Da wir auch viel im Winter auf dem Wasser sind und das ganze Neopren auch sein Gewicht hat, wollte ich nicht so ein super kleines Brett. Bei mir ist es das Körpergewicht (63 Kilo), plus etwas Puffer. Da ich gerne bei Leichtwind rausgehe, wollte ich es mir auch nicht so schwer machen und noch gut darauf dümpeln können”, erklärt Steffi ihre Materialzusammenstellung.
Auch Dominik Röckl ist viel auf der Ostsee unterwegs und liebt das Wingen in der Welle: “Wingen gehe ich im Windbereich von zehn bis 25 Knoten. Ich wiege 73 Kilo, auch bei mir wäre ein 5er Wing die Allroundgröße, mit der ich den größten Bereich abdecke. Für die windigen Tage wäre ein 4,2er als Ergänzung meine erste Wahl. Meine Wings nutze ich mit einem Windflüchter Custom Brett mit 74 Litern und einem 1430er High Aspect Frontwing.”
Philipp Kümpel macht mit dem Wing die Seen in Ostdeutschland unsicher. Sein Homespot ist der Cospudener See bei Leipzig, wo es meist moderat mit acht bis 15 Knoten weht.
“Mit 90 Kilo Gewicht wäre hier mein Ein-Wing-Lösung eine Größe um die 6,4qm. Mit guter Pumptechnik und einem 1800er Foil kann man sich damit schon bei knapp acht Knoten ins Fliegen bringen. Meiner Meinung nach reichen zwei Größen, um fast alle Windbedingungen abzudecken – bei mir sind das die Größen 6,4 und 4,2qm. für Tage mit starken Wind habe ich zusätzlich zum großen 1800er Frontflügel noch einen 1200er angeschafft.”
Die Seen im Allgäu sind Homespot von Daniel Schenk, der ebenfalls im Frühjahr 2020 das erste Mal einen Wing in der Hand hatte. Die Herausforderung an den Bergseen besteht vor allem darin, dass Frontenwetter oft für wechselhafte Windbedingungen sorgt:
“Ich winge hier bei Wind zwischen acht und 40 Knoten, die Kaltfronten haben es teilweise in sich. Das tolle am Wingsurfen ist, dass man die Windlöcher problemlos durchfliegen kann, wenn man erstmal oben ist. Mit einer 10-12 Knoten Böe komm ich ins Fliegen (5er Wing und 1300er Frontflügel). Einmal oben kann es auch runter gehen auf 6-8 Knoten. Teilweise kommt es mir dann so vor, als sei da überhaupt kein Wind mehr. Mit meinen 77 Kilo wäre ebenfalls der 5er Wing die Allroundlösung, bei einer Abstufung mit zwei Wings würde ich 5er und 4er wählen.”